Bestimmung der magnetostriktiven Längenänderungen in FeSi-Elektrobändern

Allgemeines

Eine Folge der Ummagnetisierungsprozesse in ferromagnetischen Werkstoffen sind magnetostriktive Längenänderungen λ. Beim Anlegen eines äußeren Feldes werden die spontanen Magnetisierungen des Ausgangszustandes durch Wandverschiebungs- und Drehprozesse in die Richtung des äußeren Feldes gezwungen. Insbesondere Ummagnetisierungen durch Drehprozesse werden dabei von Längenänderungen begleitet.
Der Magnetostriktionswert λ ist orientierungsabhängig.
Für das Kristallgitter der FeSi – Elektrobänder gilt: In Würfelkantenrichtung [100] ist die Magnetostriktion positiv. Beim Magnetisieren wird das Material länger. Liegen Zugspannungen im Material vor oder werden sie von außen aufgebracht, wird die Magnetisierung erleichtert. Liegen dagegen Druckspannungen vor, braucht man mehr Energie zum Magnetisieren, die Magnetisierungskennlinie B(H) verläuft flacher.
In Flächendiagonalenrichtung [110] wechselt die Magnetostriktion ihr Vorzeichen.
Sie ist positiv bis zu hohen Feldstärken (H ≈ 40.000 A/m) und wird dann negativ.
In Raumdiagonalenrichtung [111] ist die Magnetostriktion negativ. Bei Magnetisierung parallel zu dieser Richtung wird das Material kürzer. In diesem Fall wird die Magnetisierung durch Druckspannungen erleichtert.
Beim Magnetisieren werden i. allg. sehr viele Kristallite erfasst. Hat das Material keine Vorzugsorientierung, kann man durch Addition der Kurven dieser drei Richtungen etwa den Verlauf der resultierenden Magnetostriktion ermitteln. Wird eine bestimmte Orientierung auf Kosten der anderen häufiger, ändert sich der Magnetostriktionswert entsprechend.

Messsensoren

Bestimmt werden sollten die Längenänderungen λ = Δl/l0 ausgewählter FeSi-Proben in Abhängigkeit von der Größe der Flussdichte B bzw. der Polarisation J.
Die magnetostriktiven Längenänderungen λ = Δl/l0 können mit unterschiedlichen Sensoren bestimmt werden. Eingesetzt wurden Dehnungsmessstreifen (DMS). DMS sind Sensoren mit linearem Zusammenhang zwischen relativer Widerstands- (ΔR/R0) und relativer Längenänderung (Δl/l0).
Gemessen wird die Widerstandsänderung (ΔR/R0).
Für die Messungen wurde auf die Ober- und Unterseite jeder Probe (EPSTEIN-Streifen 30 * 280 mm²) je ein DMS aufgeklebt, um andere als Längenänderungen messtechnisch zu kompensieren.

Messaufgaben
Gemessen wurden die Zeitverläufe der Magnetostriktion λ(t), der Flussdichte B(t) bzw.
der Polarisation J(t).

Die Messergebnisse werden i. allg. dargestellt bzw. ausgewertet

  • als Schleife λ(t) über B(t) bzw. J(t)
  • als Funktion λ^(B^) bzw. λ^(J^)

Bei der erstgenannten Darstellung λ(t) über B(t) bzw. J(t) ergeben sich die bekannten Schmetterlingskurven. Der Verlauf dieser Kurven ist abhängig u. a.

  • vom Gefüge (Zusammensetzung, Orientierungsverteilung bzw. Textur)
  • von Eigenspannungen oder aufgebrachten Spannungen in der Probe
  • von der Homogenität der Flussdichteänderungen (δB/δV) in der Probe
  • vom Zeitverlauf B(t) der Flussdichte B im Material

In der Literatur wird über die Art und Größe des Einflusses dieser Faktoren unterschiedlich häufig und intensiv berichtet.

Untersuchungsergebnisse zum Einfluss inhomogener räumlicher (δB/δV) und zeitlicher (δB/δt) Flussdichteänderungen auf die Magnetostriktion λ findet man jedoch selten.

Messergebnisse (Beispiele)

Es ist bekannt, dass die Ummagnetisierungsverluste P standardgerecht bei sinusförmigem Zeitverlauf
B(t) ~ B^* sin(ωt) der Flussdichte bestimmt werden.
Nichtsinusförmige B(t)-Verläufe mit steilen (dB/dt)-Anstiegen zeichnen sich in der Regel aus

  • durch höherfrequente Oberwellen mit höheren Wirbelströmen iWirbel ~ uind ~ (dB/dt)
  • durch eine inhomogene Magnetisierung der Probe in Dickenrichtung (Feldverdrängung)

und führen damit zu nicht allgemein vergleichbaren Verlustwerten.
Wie stark die magnetostriktiven Messergebnisse durch den Zeitverlauf von B(t) bzw. J(t) beeinflusst werden, soll durch einen Vergleich zweier Messreihen gezeigt werden, bei denen ausgewählte Proben nacheinander

  • in einem ersten Spulensystem „Sp_1“ bis Bmax ≈ 1,5T sinusförmig
  • in einem zweiten Spulensystem „Sp_2“ bis Bmax ≈ 1,3T sinusförmig

magnetisiert wurden.
Im ersten Diagramm werden die peak-to-peak-λ^(J^)-Funktionen der ausgewählten Probe dargestellt.

Man erkennt, dass die Messwerte in den beiden Spulensystemen

  • für Polarisationen J <≈ 1,3T gut übereinstimmen
  • für Polarisationen J >≈ 1,3T voneinander abweichen.

Im Magnetisierungsbereich J ≤ 1,3T ist der Zeitverlauf J(t) der Polarisation der Probe in beiden Spulensystemen entsprechend J(t) ~ J^*sin(ωt) sinusförmig. Bei höheren Aussteuerungen weicht die Magnetisierung J(t) der Probe im Spulensystem „Sp_2“ zunehmend von der Sinusform ab.
In den folgenden Diagrammen werden für einen Spitzenwert J^ = 1,5T jeweils

  • der Zeitverlauf der Polarisation J(t)
  • der Zeitverlauf der Magnetostriktion λ(t)

in den beiden Spulensystemen selbst dargestellt.

Es ist zu erkennen, dass bei dieser Aussteuerung

  • für das Spulensystem „Sp_1“ J(t) ~ sin(ωt) & λ(t) ~ sin(ωt)
  • für das Spulensystem „SP_2“ J(t) ≠~ sin(ωt) & λ(t) ≠~ sin(ωt)

gilt, dass also nur in Spule 1 das Material sinusförmig magnetisiert wird.
Beim nichtsinusförmigen J(t)-Zeitverlauf in der „SP_2“ erfolgt die Ummagnetisierung des Volumens innerhalb eines kurzen Zeitintervalls.
Die Änderungsgeschwindigkeiten der Flussdichte (dB/dt) ~ uind ~ iWirbel , durch die

  • die Größe und den zeitlichen Verlauf der Wirbelströme
  • die Feldverdrängung und inhomogene Volumenmagnetisierung (δB/δV)

in der Probe maßgeblich bestimmt werden, unterscheiden sich bei beiden Messungen deutlich voneinander.

Im folgenden Diagramm werden die λ(J)-Kurven für diese beiden Messungen dargestellt.

Zusammenfassung

Bestimmt wurde die Magnetostriktion unterschiedlicher FeSi-Elektrobänder.

Im Rahmen der Arbeiten wurde insbesondere auch der bisher wenig diskutierte Einfluss des
Zeitverlaufs (dB/dt) ~ uind ~ iWirbel der Flussdichteänderungen auf die Ergebnisse der Magnetostriktionsmessungen untersucht.

Da in technischen Magnetkreisen der Zeitverlauf B(t) der Flussdichte i. allg. nicht sinusförmig ist, wird empfohlen, die Magnetostriktion unter anwendungs- bzw. betriebsnahen Magnetisierungsbedingungen zu messen.

An einem Beispiel wird der Einfluss des Zeitverlaufs J(t) der Polarisation auf die Ergebnisse dynamischer Magnetostriktionsmessungen beschrieben.
Da in technischen Magnetkreisen der Zeitverlauf B(t) der Flussdichte i. allg. nicht sinusförmig ist, sollten die Messbedingungen den Betriebsbedingungen im technischen Kreis weitgehend angeglichen werden, um die Ergebnisse von Magnetostriktionsmessungen übertragen und nutzen zu können.

Verwendetes MessSystem:
EPSTEIN-Rahmen gem. IEC 60404-2 mit DMS-Signal-konditionierung